Alle wollen alt werden, aber niemand will es sein. „Alter“ ist zum Unwort geworden. Statt eine älter werdende Gesellschaft als Chance zu sehen, reduzieren wir den demografischen Wandel auf Überschriften wie „Pflegekatastrophe“ und „Kostenlawine“. Wie wollen wir in einer älter werdenden Gesellschaft leben? Über 90 Prozent der Älteren geben in Umfragen an, möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben zu wollen. Wir sollten alles Mögliche dafür tun.
Alters-WGs statt Altenheime
Organisieren wir Pflege so, wo und wie sie die Betroffenen wollen! Pflege muss die Gesellschaft mitdenken und die Älteren einbinden. Das alte Modell der Pflege(heime) wird zum Auslaufmodell. Das Zukunftsmodell einer „Caring Society“ setzt auf einen Pflegemix aus professioneller und lokaler Pflege. Es geht um Nachbarschaften, Quartiere und Räume, die den Alltag der Menschen, nicht nur der Älteren, lebenswert machen. Flexible Wohninfrastrukturen und nachbarschaftliche Projekte, die Pflege in den Alltag integrieren und dabei die Pflegebedürftigen mit einbinden. Mit Pflegebedürftigen und ihren Familien werden Vereinbarungen getroffen: „Wie mobil wollt ihr sein? Wie können wir Euch dabei unterstützen?“
Pflege wird lebensweltlich, nah und integrativ. Netzwerke aus Familie, Freunden und Nachbarschaft entstehen. Alters-WGs verbinden das Bedürfnis der Älteren, möglichst lange in den eigenen vier Wänden und nicht in einem Heim leben zu müssen, mit der Notwendigkeit, sie gut und effizient zu betreuen. Caring Communities fördern den Verbleib in der eigenen Häuslichkeit und gewohnten Umgebung und verhindern präventiv den Wechsel in stationäre Pflege. In einer älter werdenden Gesellschaft sind funktionierende hybride Netzwerke unerlässlich, um im Alter gut versorgt zu werden. Städte als „Caring Communities“ können viel gewinnen, wirtschaftlich und sozial. Es geht um attraktive Wohn- und Nachbarschaftsformen, Quartierärzte und -schwestern, Telemedizin und einen Mix aus professioneller Pflege und ehrenamtlichem Kümmern. Neue, innovative Gesundheitsberufe wie „community health nurses“ entstehen.
„Age-friendly“: Lokal und präventiv vor ambulant und stationär
Die Zukunft gehört »altersfreundlichen Städten. „Age friendly“ ist ein globaler Trend. Mehr als 150 Länder haben sich in dem WHO-Netzwerk „Age-friendly Cities and Communities“ zusammengetan. 2010 gegründet, will das globale Netzwerk Städte und Gemeinden ermutigen, altersfreundlich zu werden. Wer aufgenommen werden will, muss einen umfangreichen Kriterienkatalog erfüllen. Die finnische Stadt Tampere hat es beispielsweise geschafft, indem sie älteren Menschen eine barrierefreie Umgebung ermöglicht hat. Die lokale Stadtplanung setzt auf verkehrsberuhigte Zonen und altersgerechte Wege. Von der neuen urbanen Barrierefreiheit profitieren auch andere Bevölkerungsgruppen wie Eltern mit kleinen Kindern und Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Das neue Wohnquartier bietet kostenpflichtige Services an wie Physiotherapie und Ernährungsberatung. Die lokale Pflege älterer Menschen wird zum neuen Wachstumsmarkt. „Lokal und präventiv vor ambulant und stationär“ ist der Weg in die Care-Zukunft.